Im Frühjahr und Sommer 2016 hat die Studentin Marie Wendt, Studienfächer Ethnologie und Soziologie, bei der Bildungsgenossenschaft ein studienrelevantes empirisches Praktikum im Projekt FairBleib Südniedersachsen-Harz absolviert. Sie konzentrierte sich dabei auf das Projektgebiet Landkreis Goslar, wo das Projekt seit Juni 2015 im Aufbau ist. Sie ist der Frage nach Akzeptanz und Veränderung des Landkreis Goslar durch die starken Zuweisungen von Flüchtlingen nachgegangen und hat sich die Situation unter Gesichtspunkten der empirischen Sozialforschung erschlossen. Die Micro-Studie von Marie Wendt kann demnächst in voller Länge in der Geschäftsstelle der BIGS eingesehen werden.
Flüchtlinge im Landkreis Goslar
Akzeptanz und Veränderung in der Region am Beispiel von Goslar und Wildemann
Micro-Studie im Rahmen von FairBleib Südniedersachsen-Harz
Der Landkreis Goslar gehört aus demographischer Sicht zu einer der schwierigsten Regionen in Deutschland und so wird der Zuzug von geflüchteten Menschen von offizieller Seite durchaus begrüßt, und sie mit ihren möglichen Potenzialen durchaus als Gewinn gesehen.
Wie ist es aber wirklich? Über darüber verlässliche Informationen zu bekommen, wurden mehrere Interview-Leitfragen entwickelt, die auf die Veränderungen in der Region, dieBedingungen für die Integration und die Vorteile für die Region abzielen sowie die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Rolle von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit und –integration erfassten.
Als Beispiele für diese Micro-Studie boten sich die Stadt Goslar mit ihrer bereits vorhandenen oder sich weiter entwickelnden „Unterstützungsinfrastruktur“ sowie die Freie Bergstatt Wildemann an, die exemplarischen dafür steht, dass Flüchtlinge, wenn sie im Harz bleiben möchten, gern gesehene zukünftige Mitbürger und Mitbürgerinnen sind.
Als Interviewpartner stellten sich Engagierte aus dem seit über 30 Jahren in der Flüchtlingsarbeit agierenden Verein „Leben in der Fremde“ zur Verfügung sowie Ehrenamtliche und Bürgermeister aus der Freien Bergstatt Wildemann und der Pressesprecher des Landkreises Goslar zur Verfügung.
Ergebnisse der vergleichenden Analyse
Die vergleichende Analyse der etwa 90-minütigen Interviews ergab folgendes Fazit: Alle Interviewten waren sich darüber einig, dass die Flüchtlingsarbeit im Landkreis Goslar sich im Grunde unproblematisch gestaltet. Schwierigkeiten entstehen allerdings durch mangelnde sprachliche Verständigung sowie durch datenschutzrechtlichen Bestimmungen zur Weitergabe von Informationen über die Flüchtlinge. Zielführende Unterstützung wird dadurch oft schwierig.
Der Zuzug insbesondere junger Flüchtlinge in die Region wird als Potenzial gesehen, der Alterung der Bevölkerung entgegen zu wirken – vorausgesetzt sie wollen bleiben und finden dafür entsprechende Bedingungen.
Insgesamt steht die Bevölkerung dem Zuzug positiv gegenüber. Es bestehen eine offene Einstellung und ein freundlicher Umgang mit Geflüchteten. Ressentiments gibt es bei einer kleiner Gruppe, meist älterer Menschen, die grundsätzlich wenig soziale Kontakte haben.
Diskrepanzen in den Auffassungen zur Flüchtlingsarbeit und –integration wurden allerdings auch deutlich. Diese bezogen sich in erster Linie auf unterschiedliche Bewertungen der Netzwerkarbeit im Landkreis und es wurde deutlich, dass der Blick der Verwaltungsinstanzen ein anderer ist, als derjenige der Ehrenamtlichen, die den „Alltag“ im Landkreis mit den Flüchtlingen leben und gestalten und feststellen, dass sich strukturelle Bedingungen als Hürden erweisen.
Für alle Interviewpartner sind Arbeit und Bildung die wichtigsten Bedingungen für eine langfristige Eingliederung der Geflüchteten in die Gesellschaft. Hierzu müssen im Landkreis Goslar mehr Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen geschaffen werden. Ebenso wichtig ist der gute Kontakt zur einheimischen Bevölkerung, der interkulturelle Austausch und der gute nachbarschaftliche Kontakt..
Einig waren sich alle Beteiligten in Folgendem: Nur wenn zugezogene Personen überzeugt werden können, ihren Lebensmittelpunkt in der Region zu wählen, kann der Landkreis nachhaltig von der Zuwanderung der Flüchtlinge profitieren.