Sprachliche Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten
Sprache ist einer der wichtigsten Schlüssel im Integrationsprozess, auch und vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Für bestimmte Berufsgruppen (sog. reglementierte Berufe) ist der Nachweis der Sprachkenntnisse eine zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Berufserlaubnis. Zu dieser Gruppe gehören alle medizinischen Berufe, z.B. Ärzte.
Die 87. Gesundheitsministerkonferenz hat am 26./27.06.2014 Eckpunkte für ein einheitliches Überprüfungsverfahren der Sprachkenntnisse beschlossen. Danach müssen Ärzte und Zahnärzte über Fachsprachenkenntnisse im berufsspezifischen Kontext orientiert am Sprachniveau C1 nach dem europäischen Referenzrahmen für die Sprachbeherrschung verfügen. Das entspricht einer „Fachkundigen Sprachbeherrschung“, die im medizinisch relevanten Bereich auch das Erfassen impliziter Bedeutungen, das Verstehen komplexer Texte und das Darstellen komplexer Sachverhalte umfasst. Der Nachweis hierüber ist grundsätzlich durch eine Fachsprachprüfung zu erbringen. Für die Erteilung der Approbation ist dann der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZza) zuständig.
Das Erreichen des Niveaus C1 bleibt auch mit verbesserten Angeboten eine große Hürde – die gilt umso mehr für den fachsprachlichen Anteil. Integrationskurse enden mit dem Niveau B1, anschließend lernt man Deutsch entweder durch die Teilnahme an einem ESF-BAMF-Kurs oder auf eigene Kosten in einem Kurs z.B. bei der VHS. Seit 2015 gibt es die Möglichkeit, im Rahmen des Anerkennungsverfahrens durch einen online-Kurs Deutsch bis zum Niveau B2 zu lernen. Seit 2016 werden zudem weiterführende Sprachkurse z.B. an der Universität Göttingen angeboten. Trotzdem fehlt es an einem fachsprachlichen Teil – inklusive einer Vorbereitung für die Fachsprachprüfung.
Nach langem Erproben und Überlegungen wurde im IQ Netzwerk Niedersachsen das Kursangebot „Mit Sprache heilen“ entwickelt und seit Herbst dieses Jahres an zwei Standorten – Göttingen und Osnabrück umgesetzt. Für die Durchführung des Kurses ist die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) GmbH beauftragt worden. Auswahl der Teilnehmer am Standort Göttingen erfolgte durch die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung der BIGS und nach Rücksprache mit den Kolleginnen der DAA vor Ort.
Der Kurs startete am 26.09.2016 und endet am 07.02.2017. In insgesamt 600 Unterrichtsstunden wird vormittags allgemeinsprachlicher Präsenzunterricht durchgeführt und nachmittags findet virtueller Fachsprachunterricht zusammen mit dem Osnabrücker Kurs statt.
Ziel der Maßnahme ist die sprachliche Qualifizierung von internationalen Ärztinnen und Ärzten auf das Sprachniveau C1 (GER) im berufsbezogenen Kontext und B2 (GER) im allgemeinsprachlichen Kontext. Die Mediziner_innen werden bei der Verbesserung ihrer mündlichen und schriftlichen Sprachfähigkeit gefördert und auf die – beispielsweise an einer konkreten Behandlungssituation orientierten – Prüfung vorbereitet. Bei der Ausgestaltung der Lehrpläne werden zum einen die individuellen Förderbedarfe (durch vorherige Kompetenzfeststellung) und zum anderen die Anforderungen von Arbeitgebern einbezogen. Am Ende der Maßnahmen werden zwei Prüfungen abgelegt: der TELC-Test (Allgemeinsprache) und die Fachsprachenprüfung bei der Ärztekammer.
Die Maßnahme richtet sich an Human- und Zahnmediziner_innen sowie Apotheker_innen, die im Anerkennungsverfahren stehen oder dieses anstreben und mindestens das Sprachniveau B1 (GER) haben. Hauptzielgruppe sind Mediziner_innen ohne Beschäftigung, es können jedoch auch berufstätige Ärztinnen und Ärzte teilnehmen.
Am Standort Göttingen wurden 12 Ärztinnen und Ärzte für den Kurs ausgesucht, die sich im Anerkennungsverfahren bei der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung der BIGS befinden und die Teilnahmevoraussetzungen erfüllen. Die BIGS-Beratungsstelle berät in der Region Südniedersachsen-Harz (Stadt Göttingen, LK Göttingen und ehem. LK Osterode am Harz, LK Northeim und LK Goslar).
Die Teilnahme an dem Kurs ist kostenlos. Die Kosten trägt das IQ- Netzwerk im Rahmen des Qualifizierungsprogramms. Auch Fahrtkosten werden grundsätzlich übernommen – vorzugsweise durch das zuständige Jobcenter oder die Arbeitsagentur, andernfalls durch das IQ-Netzwerk.
Anerkennungs- und Qualifizierungsberater_innen der BIGS (Christina Hammer, Natalia Hefele und Philipp Kallenbach ) betreuen Kursteilnehmer_innen während des Kurses, weil neben dem Spracherwerb weiterhin das Antragsverfahren läuft und viele Fragen entstehen. Einige der TN haben ihre NiZza- Anträge bereits gestellt und warten auf die Ergebnisse der Gleichwertigkeitsprüfung. Andere sind im Prozess der Antragsstellung. Drei Teilnehmer hospitieren parallel zum Kurs in den Krankenhäusern oder Praxen. Zudem tauchen immer wieder statusrechtliche oder andere Probleme auf, bei denen die Hilfe der Beratungsstelle der BIGS gefragt ist.